radio tesla im april:
sprache/spielen

obwohl geräusch und musik heute gleichrangig zum zeichenmaterial der radiophonen vermittlung gehören, so stand am anfang sprache. oft nimmt sie eine zentrale rolle ein: von totaler zerstreuung bis zu konzentriertester auseinandersetzung, von den harten fakten der realität bis in die höchsten höhen fiktionaler vorstellungen reichen die möglichkeiten des einsatzes von sprache: ob information oder künstlerischer beitrag -- sprache hat radiohörer für die vielfältigen dimensionen von form, klang und rhythmus sensibilisiert. auch die dem medium immanente beschränkung auf das hören hat dazu beigetragen, dass sich im rundfunk eine sehr hohe präzision in der gestaltung von und durch sprache entwickeln konnte. seit einführung der tonbandtechnik in den 40er und 50er jahren hätten die möglichkeiten technischer bearbeitung dazu beitragen können, über radiokunst und neues hörspiel hinaus vielfältigste spielformen mit sprache zu entwickeln. radiotesla präsentiert an vier abenden im april ausgewählte produktionen zu sprache und spielen.

mi. 05. april 2006 -- 20.30 h

hörspiel


samuel beckett: flötentöne, rb, 1994

samuel beckett: mirlitonnades, drs, 1989

1978 veröffentlichte der damals zweiundsiebzigjährige beckett unter dem titel poèmes, avec mirlitonnades sechsunddreißig texte: einen mit zwei, einen mit sechzehn, alle übrigen mit einem umfang von vier bis zehn zeilen. keines der gedichte hat einen titel, nichts reimt sich und alles ist klein geschrieben. während dieter hufschmidt in seiner fassung für radio bremen den bedeutungen der wörter nachspürt, versuchen regisseur stephan heilmann und komponist pierre mariétan in der deutsch-französischen fassung des schweizer rundfunks dem werk über eine sprachmusikalische interpretation auf die spur zu kommen.

do. 06. april -- 24:00 h

radiotesla spezial: radiohören


philipp scheffner: off season / binocular views, autorenproduktion im auftrag von deutschlandradio kultur, 2006

in anwesenheit von philipp scheffner lädt radiotesla zum gemeinsamen hören der ursendung ein, die zeitgleich über ausgestrahlt wird.
die saison ist vorbei. ein naturschutzgebiet in der warteschleife. die komposition off season / binocular views beschreibt den versuch, mit dieser spezifischen situation in kontakt zu treten -- die kommunikationsmittel sind mikrofon und fernglas. die naturbeobachtung funktioniert nach ähnlichen dramaturgischen regeln wie die tonaufnahme. der naturbeobachter steht für den versuch, sich im prozess des beobachtens aufzulösen, unsicht- und -hörbar zu werden. dieser auflösungsprozess ist zum scheitern verurteilt, produziert aber jede menge nebenwirkungen. es entstehen nebenbei -- oft ungewollt -- geräusche, die das klangliche ausgangsmaterial für das stück off season / binocular views bilden. momente, die den prozesshaften charakter der tonaufnahme und -bearbeitung verdeutlichen und die anwesenheit der person hinter dem mikrofon ins zentrum des geschehens rücken. in der verkrampften haltung des unauffälligen beobachters, des eindringlings, der sein eindringen zu vertuschen sucht, verliert sich der fokus. abstrakte assoziationsketten lassen bilder und erinnerungsfragmente auftauchen.

mi. 12. april 2006 -- 20.30 h

feature


walter filz: auf wiedersehen in babylon oder die utopie der kunstsprachbauten, swr, 2006

'lasst uns herniederfahren und ihre sprache verwirren ...' - keine zornige zwangsmaßnahme des alttestamentarischen gottes wirkte so nachhaltig wie die babylonische sprachverwirrung. seit dem gescheiterten turmbau sucht die menschheit nach einer neuen einheitssprache. universalverständigung -- ein hoffnungslos naives globalisierungsprojekt? das feature hört sich um auf den gegenwärtigen kunstsprach-baustellen und bei ihren ingenieuren: satzbauplaner, grammatik-konstrukteure, vokabel-erfinder. idealisten und utopisten, die am projekt babel arbeiten.

mi. 19. april 2006 -- 20.30 h

radiokunst


lars feistkorn: samuels hintergrund strahlen

beckett --- collage --- cut-up

das wiederholen der worte, immer und immer wieder, bis sie sich selbst auffressen. zerhacken wir sie und setzen ihnen zu! des codes kot dringt tiefer.
eine live-performance für stimme und stimmklänge mit lars feistkorn [stimme], jürgen eckloff [cut-ups] und séamus o'donnell [electronics]. lars feistkorn ist gelernter opernsänger, dessen interessen von improvisierter über mittelalterliche bis zur orientalischen musik reichen. jürgen eckloff ist ein musiker und hörspielmacher, der in seinen lakonischen hörstücken vornehmlich mit stimm-collagen arbeitet. séamus o´donnell bearbeitet und erweitert als klangkünstler vor allem alltagsgeräusche und deren bedeutungsdimensionen.

mi. 26. april 2006 -- 20.30 h

grenzen


andreas lange: games talk - computerspiele für blinde, reboot fm, 2004

der umsatz, der weltweit mit computerspielen generiert wird, übersteigt mittlerweile den von hollywood-spielfilmen an den kinokassen. ihr einfluss auf andere medien und alltagskultur ist enorm. sendungen zum thema waren somit für reboot.fm nachgerade selbstverständlich. am 21. märz 2004 hatte andreas lange vom computerspielemuseum in der reihe games talk georgios karkalis vom k&k audioverlag und sebastian dellit, moderator der game mailingliste auf blindzeln.de, zu gast. gemeinsam erörtern sie hintergründe zu entwicklung und vertrieb von computerspielen für blinde und sehgeschädigte, diskutieren spielstrategien und: spielen im radio ...
in anwesenheit von andreas lange.


radio tesla präsentiert ausgewählte sendungen, fragmente oder gedankensprünge aus vergangenheit, gegenwart und zukunft des radios. durch die einbindung dieser reihe in das regelmäßige programm des tesla im podewils'schen palais und vor dem hintergrund der tatsache, dass nikola tesla schließlich auch der erfinder des radios war, soll in erster linie ein forum geboten werden, das zur auseinandersetzung mit den künstlerischen und kulturgeschichtlichen dimensionen und möglichkeiten des mediums einladen möchte.

radio tesla stellt sein programm jeweils mittwochabends um halb neun vor und kostet keinen eintritt. alle veranstaltungen eines monats widmen sich in der regel einem thema. damit der speziell interessierte besucher sich auch ohne detaillierte programmkenntnis orientieren kann, konzentriert sich jeder abend auf eine sparte: am ersten mittwoch im monat wird ein hörspiel oder ein anderer fiktionaler beitrag angeboten, der folgende termin ist mit dem feature und allem nicht-fiktionalen belegt und der dritte mittwoch wird von zweckfreien spielformen und gattungen dominiert: zeit für ars acustica und radiokunst. jeden vierten mittwoch werden unter dem stichwort "grenzen" unkonventionelle, unzensierte und damit im weitesten sinn unabhängige formen vorgestellt. für den fall, dass es einen fünften mittwoch im monat gibt, liefert ein bonus-track einen weiteren beitrag zur vertiefung des monatsthemas.
dra_w125.jpg Deutsches Rundfunkarchiv
www.dra.de
deufunk_deuradio_w125.jpg Deutschlandfunk/Deutschlandradio Kultur
www.dradio.de

zu programm > radio tesla märz [krieg]